Fahrt ins Blaue am Sonntag, 21. Oktober 2018
Blau war der Himmel, als der vollbesetzte Bus von Müller-Reisen über eine traumhaft leere A8 nach Südosten fuhr, und man hat heftig spekuliert, wo es denn wohl hingehen könne. Weiter ging es auf der Bodensee-Autobahn bis Rottweil. Dort ging´s runter von der Autobahn und, nein, nicht in die historische Altstadt, sondern ins Pulverloch. Ins Pulverloch? Ja, in jenes alte Industriegebiet im Norden von Rottweil, da wo der Neckar aus der Ebene in ein enges, beinahe schluchtenartiges Tal eintritt. Dort hatten seit dem Mittelalter etliche Mühlen die Wasserkraft genutzt, unter anderem auch eine Pulvermühle, und die hat ein tüchtiger Unternehmer seit 1863 zur größten Munitionsfabrik Deutschlands, wenn nicht Europas, ausgebaut. Die abgelegene Lage war nur von Vorteil, wegen der Explosionsgefahr. Vor allem im frühen zwanzigsten Jahrhundert sind da unten zahlreiche bemerkenswerte Industriebauten entstanden, teilweise von renommierten Architekten erstellt. Natürlich wurde manches wieder abgerissen, manches drohte zu verfallen, aber vieles wurde und wird liebevoll restauriert und einer Nachnutzung zugeführt, nachdem der letzte Großbetrieb dort unten, eine Kunstseidenfabrik, 1994 aufgegeben hat.
Woher wir das alles wissen? Man hat sich zwei kundige Führer vom Tourist Office Rottweil bestellt, und die haben das Areal gezeigt und erklärt und vieles zur Geschichte erzählt: Über den Herrn Duttenhofer, der die Firma zur einstigen Bedeutung gebracht hat; über seine Beziehungen bis in die höchsten Kreise, aber auch über die Arbeitsbedingungen der in Spitzenzeiten über 2000 Arbeiter – und über die damaligen Vorstellungen von Umweltschutz: Man hat zum Beispiel die überschüssige Säure aus der Schießbaumwolle einfach im fließenden Neckar ausgewaschen…
Als dann die Führung zu Ende war und alle kalte Füße hatten, hat sich auch der Nebel gelichtet und den Blick freigegeben auf Rottweils jüngste Attraktion, den Thyssenturm. Und man hat sich wieder in den Bus gesetzt und auf die Höhe fahren lassen – nur um gleich wieder ins Tal zu gehen. Die Fleißigen – oder die, denen´s richtig kalt war – sind auf halbem Weg ausgestiegen und die restlichen zwei Kilometer gelaufen; die anderen hat der Bus über ein enges Stichsträßle zum Hofgut Neckarburg gefahren. Und dort war es dann so sonnig und warm, dass man Kaffee, Schorle, Flammkuchen oder was auch immer getrost im Freien genießen konnte.
Eigentlich hätte der Organisator anschließend gern seine Schar auf den Thyssenturm geschleppt, der berühmten Aussicht wegen. Doch steht man sonntags dort mindestens eine Stunde an, auch als Gruppe. Deshalb hat man die „Welt der Kristalle“ aufgesucht und faszinierende Kristalldrusen, Versteinerungen, Fossilien angeschaut, und das war auch recht. Doch ganz ohne Aussicht wollte man nicht sein: Man ließ sich über die Dörfer fahren, durch die aussichtsreiche Landschaft zwischen Schwarzwald und Kleinem Heuberg, und hat dann vom Aussichtsturm bei Dürrenmettstetten aus den Rundumblick genossen. Gucken macht bekanntlich hungrig und durstig; deshalb war jeder froh, als das letzte Ziel erreicht war: der Moschtbesen in Haiterbach-Oberschwandorf. Dank Vorbestellung ging das mit dem Essen ruckzuck, und gemütlich war´s dort auch. Nach diesem erlebnisreichen Nachmittag brachte der „Müller-Bus“ uns dann wieder wohlbehalten zurück nach Birkenfeld und Gräfenhausen. (h.e.m.)